Völlig verpanzt nach einer kurzen Nacht spuckt uns der Zug ganz im Südwesten der Ukraine in einer Kleinstadt aus. Eigentlich wollen wir nach Bukovets, ein Dorf ca. 25 km von hier. Dort haben wir in einer kleinen Gastwirtschaft ein Zimmer gebucht. Blockhüttenstyle. Aber wie hinkommen? Auf unsere Anfrage, ob uns jemand von der Gastwirtschaft abholen könnte, kam keine Antwort. Zu weit zum Laufen ist es auch. Aber auch ohne Bahnanschluss. Und Bus? Ja, gibt es einen? Wir wissen es nicht. Taxi? Gibt es definitiv. Oder trampen? Unsere Bäuche sind leer, es ist noch nicht mal 8 Uhr, unsere Orientierungslosigkeit groß und die Entscheidungsfreudigkeit klein. Was tun? Mu holt sich erstmal einen Kaffee. Während ich auf ihn vor dem Kiosk warte, spricht mich eine Babuschka mit Kopftuch und wenig Zähnen an. Sie hält die Hand auf, fixiert mich mit ihrem Blick und wiederholt immer wieder "Brot" auf Russisch und Ukrainisch. So viel verstehe ich. Aber wir haben kein Brot. Wir hätten jetzt gern selbst welches.

Bevor wir entscheiden können, wie wir die Essensfrage lösen und wie wir nach Bukovets kommen, hat uns schon ein Taxifahrer eingesammelt. Es gibt keine gemeinsame Sprache. Russisch kommt nicht an. Englisch sowieso nicht. Ukrainisch können wir nicht. Irgendwann halten wir. Irgendwo im nirgendwo. Der Fahrer deutet auf einen alten Volvo mit Leopardbemusterten Sitzen und dessen Fahrer. Wir steigen in den Volvo um, verlassen die Asphaltstraße und schunkeln über einen matschigen Weg voller Pfützen langsam und wortlos gen Bukovets.

Bukovets ist ein langestrecktes Dorf in den Ostkarpaten auf 700 m, recht nah zur slowakischen und ungarischen und auch polnischen Grenze. Am vorletzten Haus - bevor es hoch in die Berge geht - halten wir. Wir sind da. Es ist ein Abenteuer hier zu sein. Die Landschaft ist atemberaubend schön: Vielleicht etwas wie Modelleisenbahnplatte oder Allgäu, nur noch schöner und ohne Massentourismus. Ehrlich gesagt, so ziemlich ohne irgendwelchen Tourismus. Bukovets selbst scheint wie aus der Zeit gefallen: Die meisten Häuser sind alte Blockhütten, mit Plumpsklo im Garten, Wachhund und einer handvoll Ziegen und Hühner im Stall. Die kleinen Felder werden von den Männern gerade mit Pferd und Pflug bearbeitet und von den Frauen mit Kartoffeln bestückt. Die Wäsche wird teilweise noch im Fluss gewaschen und im Dorf gibt es einen Schuppen mit Klingel - der Dorfladen - der alles bietet von Mehl, Eiern und Nudeln, über Bier, Chips und Schokolade bis hin zu dicken Würsten und Nägeln. Und dazwischen wir: Lost in translation. Jeden Tag radebrechen wir mit ein paar Brocken Deutsch, Ukrainisch und Russisch, mit Händen und Füßen mit der sehr freundlichen Gastgeberin und verhandeln über die Mahlzeiten. Bei unserer Ankunft schaffen wir es irgendwie 6 Pfannkuchen mit gelierten Kirschen und Omlett plus Kaffee und Tee zu bestellen. Für insgesamt 2 Euro. Danach gehts uns definitiv besser und unserer Entscheidungsfreudigkeit auch: Ab in die Berge.