Mu’s Kündigung ist raus. Mündlich wie schriftlich. Die ersten Impfungen kommen. Sobald meine Tage einsetzen, lass ich mir die Spirale einsetzen. Mu und ich reden jetzt ständig miteinander und anderen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit über die Reise, besprechen und planen die nächsten Schritte zur Vorbereitung, welche emotionalen Veränderungen und Perspektivwechsel wir gerad durchlaufen. Aufregung. Vorfreude. Unverständnis und Verwirrung. Angst.

Freund*innen und Familie um uns herum kriegen und haben Kinder, kaufen Häuser und bauen sie aus, promovieren, wechseln auf verantwortungsvolle Posten mit viel Reputation oder hohem Gehalt oder beidem, bauen sich ein weiteres berufliches Standbein auf. Während es sich um uns herum so anfühlt, als würden alle systematisch an vorhandene Strukturen, bekannte Prozesse und eigene Expertise andocken und diese weiterspinnen und ausbauen. Überlegen wir, wie wir von unserem Hausrat loskommen, unseren Rentenversicherungen, von der GEZ, der Krankenkasse, dem Arbeitsamt. Andere bauen auf, wir bauen ab. Andere legen ne Schippe drauf in Sachen Karriere, Familie, Nestbau. Wir sizen down.

Wir brauchen das gerade. Diesen ständigen Austausch. Mir geht’s auch teils selbst aufn Sack aber dann träume ich nachts von bodenlosen Abgründen oder sitze abends am Balkon und stehe vor der imaginären Wand, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie wir zurückkommen. Kommen wir zurück? Wird es uns gutgehen? Sind wir komplett bescheuert?

An anderer Stelle setzt die Reise, die jetzt immer realer wird, krass Energie frei. Ganz generell. Lebensenergie zum Lüneburg-die-letzten-Wochen-genießen, nochmal-volle-Breitseite-Familie-und-Freund*innen, auf Arbeit möglichst viel wegschaffen, neue Musik, Bücher, Locations und Rezepte. Sie führt auch dazu, dass ich wie panisch noch volle Lotte unsere Küche mit all ihren Features nutzen will, jede lange warme Dusche genieße und, dass Mu irgendwelche geilen Cocktails oder Kurze oder Bier auffährt.