What the hell am I doing here?
Warum mich der Banana Pancake Trail so richtig abfuckt
Gepostet von Judith
am 06.10.19
(06.10.19 Ortszeit)
(Tag 231)
in Kambodscha
thoughts
Um es gleich vorneweg zu sagen: Die letzten zwei drei Wochen waren teilweise echt hart. I know, Reisen ist doch total toll. Immer was Neues und so. Schöne Landschaften, neue Menschen, Sprache, Küche usw. Ja. Stimmt ja auch. Aber wenn schon: Reisen macht halt nicht immer Mörderspaß. Das hatte ich vor ein paar Monaten schon Mal festgestellt, als wir mit Brechdurchfall in Ulaanbataar durchhingen. Bin jetzt Mal wieder an dem Punkt angelandet. Diesmal ohne Brechen, yay, dafür mit Fieber, Durchfall und Husten.
Hab mein momentanes Zaudern, Sattsein, Reisemüdigkeit die letzten Tage beobachtet und mich plötzlich gefragt: Ey Mann, vielleicht habe ich Reisedepression. Naja, sowas in der Art. Was ich eher glaube, ist, dass da mindestens drei Faktoren grad zusammenspielen: Erstens: Gesundheitlich etwas in den Seilen zu hängen, war noch nie gut für Ego und Abenteuerlust. Zweitens: Wir reisen jetzt seit 7,5 Monaten durch die verschiedensten Länder: Wie viel Fremd- und Neuartigkeit kann man aufnehmen ohne eine gewisse Ermüdung? Drittens: Der Banana Pancake Trail ist echt nicht meins. Ganz im Gegenteil, er strengt mich richtig hart an und kostet Kraft. Gerade heraus gesagt: Er fuckt mich richtig ab. Vielleicht weil er mir die Absurdität des Reisens und die krassen Unterschiede zwischen Locals einerseits und Touris andererseits ins Gesicht reibt: Was machen hier eigentlich alle? Die jungen Westler*innen, die für ein paar Wochen oder Monate nach Südostasien reisen, um dort alle dieselben Sehenswürdigkeiten abzuklappern, irgendwelche Yoga- und Meditationsretreats oder Elephantenresorts zu besuchen, und sich in Partyhostels derbe abzuschießen? What the fuck? Wofür? Und warum gerade hier? Sexistische Witze, billigen Alkohol, Burger mit Pommes und One night stands mit anderen heillos besoffenen Westler*innen. Dafür muss niemand bis nach Südostasien fliegen. Südostasien bildet für das alles die schöne Hintergrundkulisse, angenehmes Wetter, so herrlich niedrige Preise, plus Ausflüge und Sehenswürdigkeiten in fertiggeschnürten Päckchen.
Der Banana Pancake Trail bringt mich immer wieder in Situationen, in denen mich westlicher Tourismus - mein eigener oft eingeschlossen - mindestens verwirrt, öfter Mal traurig macht oder auch anwidert. Zum Beispiel als unser Tuktukfahrer uns sagt, dass er noch nie auf einer der beiden Inseln direkt vor den Toren seiner Heimatstadt war, zu denen wir kurzerhand für ein paar Tage Strandurlaub und Feiern aufbrechen, weil er es sich schlicht nicht leisten kann.
Zum Beispiel angesichts der vielen alten weißen Männer, die in den Bars Phnom Penhs Ausschau nach jungen Kambodschanerinnen halten.
Zum Beispiel wenn die Backpacker*innen zum Essen, Trinken und Feiern unter sich bleiben und für den eigenen Rausch mit Geld um sich werfen, aber den Locals keinen Cent zuviel gönnen wollen, bei denen sie die Souvenirs für Zuhause einkaufen oder ihren nächsten Ausflug buchen.
Wie verkorkst das alles ist wird klar, wenn man sich Mal kurz vorstellt, es würden jedes Jahr Millionen Südostasiat*innen nach Paris, Berlin und Athen kommen, um in eigens für sie eingerichteten Restaurants Pho und Tom Yum zu essen und sich in eigens für sie gebauten und ausschließlich von ihnen genutzten Resorts auf Bornholm, Angelsey oder Usedom so richtig daneben zu benehmen.
So. Genug verurteilt. Andere und mich selbst. Ich hoffe, ich finde bald aus diesem Zaudern heraus. Wir überlegen dazu gerade, wie wir den Banana Pancake Trail am schnellsten verlassen können. Ich glaub, das könnte helfen.