Wir können auch anders
Von Pleiten, Pech und Pannen auf unserer Reise
Gepostet von Judith
am 20.11.19
(20.11.19 Ortszeit)
(Tag 276)
in Malaysia
Ja, so Reiseblogs können richtig hart nerven. Ständig sehen die Leute darauf unnormal gut aus oder zumindest unglaublich happy, schlawenzeln an irgendwelchen pervers schönen Orten herum und fahren sich in einer Tour das leckerste Essen rein. Dachte ich vor unserer Reise jedenfalls oft. Und solche Blogs zu lesen, hatte ich so ziemlich gar keinen Nerv. Aber ja, was soll ich sagen, jetzt haben wir selbst so einen Blog. Und kriegen immer Mal ungläubige Nachfragen: Seid ihr wirklich immer so happy, wie auf den Fotos??! Oder auch konkrete Wünsche: Könnt ihr nicht Mal von euren Streits erzählen und dem, was schief läuft? Gute Idee fanden wir! Deshalb haben wir hier Mal die blödsten Fotos und eine Auswahl an skurilen, nervigen und mulmigen Momenten gesammelt:
// Nadaam-Festival-Zeit in ganz Mongolei. Die Locals reisen mit Kanisterweise Airag - vergorener Stutenmilch - durchs Land. Nach einer laaaangen Busfahrt mit sehr lauter mongolischer Volksmusik in Dauerschleife kommen wir in Ulaanbataar an. Als wir die Rucksäcke aus dem Busbauch zerren, stellen wir fest, dass einer der Airag-Kanister auf der Fahrt ausgelaufen ist. Mus Tasche ist jedenfalls nass und riecht übelst nach Käsefüßen.
// Frisch in China angekommen, werden wir in einem einfachen Restaurant in Peking direkt übers Ohr gehauen. Und das ziemlich kreativ: Auf unserer Rechnung ist auch der Tisch mit abgerechnet, an dem wir saßen. Nur die Stühle, die gab's umsonst dazu.
// Ebenfalls in Peking jagt mir ein Gast kurz massiv Angst ein. Als ich morgens zum Duschen will, steht die Tür zur Damendusche einen Spalt weit offen. Hindurch sehe ich zwei nackte Füße auf dem Boden liegen. Als ich panisch die Tür aufstoße, liegt dort nur mit Unterhose bekleidet und starrem Blick zur Decke ein extrem unterernährter Mann auf den Fliesen. Ich frage, ob er ok ist, helfe ihm auf. Er sackt mir mehrfach halb weg, wirkt schwach und zittrig. Ich verstehe nichts, von dem, was er mehr nuschelt als sagt. Als ich im Hostel um Hilfe bitte, kommt eine halb gelangweilte Reaktion: der schon wieder? Wir haben ihn jetzt schon mehrfach aus den Frauenduschen holen müssen.. WTF??! Seitdem ist mir mulmig, wenn ich in öffentliche Klos oder Duschen will.
// Vietnam: Cozy Hostel.. So vielversprechend gemütlich klingt unsere Unterkunft in Hanoi, es kommt aber anders. Im fensterlosen Schlafsaal feiern Schimmelpilze neben unserem Bett eine riesengroße Party. Das Klo mit integrierter Dusche steht ständig unter Wasser (oder Urin?) und durch eine kleine Lücke in der Wand linst die Überwachungskamera aus dem Flur herein. Nachts trägt das Pärchen im Bett über uns seine Streits aus und der Mensch im Bett neben uns räuspert sich unentwegt, um ja nicht unhöflich laut zu husten. Aber hey, für 3 EUR pro Nacht...
// Kambodscha: Für einen Abstecher zum nahgelegenen See leihen wir uns einen Roller. Es wird ein schöner Ausflug bis es an einer Kreuzung plötzlich knallt. Schulterblick beim Linksabbiegen vergessen.. Die beiden Mädchen auf dem Roller neben uns, springen rechtzeitig ab, ihr Roller stürzt zur Seite, der Tea to go platscht auf die Straße, gleich eilen Locals herbei. Zum Glück ist niemandem etwas passiert, auch beide Roller sind noch fit, nur der Schreck sitzt uns eine Weile im Nacken.
// Unser Bus von Phom Penh Richtung Küste hat schon einmal wegen Motorschaden angehalten. Nachdem einmal alle Fahrgäste aussteigen mussten und der Fahrer ein paar mal Kräftig auf das Gaspedal gelascht ist, kann die Fahrt mit einiger Verspätung weitergehen. Ein paar Kilometer weiter heißt es plötzlich, der Motor sei doch im Eimer. Wieder alle aussteigen. Diesmal endgültig. Wir sollen uns auf eigene Faust zum Ziel durchschlagen. Ist auch nicht mehr so weit. Ein paar Meter weiter fängt ein ungeheurer Stau an. Wir finden Platz in einem Reisebus, der uns gleich Mal Geld abknöpft. In der nächsten Stunde bewegt sich der Bus ganze 200 m. Der Stau reicht bis zum Horizont. Ein Local sagt, bis zum Ziel seien es nur noch 10 km. Er würde jetzt aussteigen und das letzte Stück laufen. Wir packen unsere Rucksäcke und machen mit. Bei guten 30 Grad trotten wir durch die endlose Blechlawine und gewaltige Abgaswolke der laufenden Motoren. Zwei Stunden laufen wir, an der blutigen Unfallstelle vorbei, bis zum Ende des Staus. Dann nimmt uns ein Tuktuk die letzten Kilometer mit.
// Thailand: Obwohl wir wissen, dass in den Bussen dieses Busunternehmens geklaut wird, haben wir uns Tickets dafür gekauft. Was soll schiefgehen, wenn wir unseren Kram zusammenhalten und gut drauf aufpassen? Nachdem wir übermüdet und zerknautscht um 3 Uhr morgens an unserem Ziel ankommen, denke ich beim Aussteigen noch daran, auf unseren Sitzen nachzuschauen, dass wir auch ja nichts vergessen haben. Trotzdem merke ich später, dass meine Regenjacke weg ist. Ungefähr das teuerste Kleidungsstück in meinem Rucksack. Und obendrein in der Regenzeit noch ziemlich nützlich. Wir kaufen ersatzhalber für 1,50 EUR Regenponchos aus Tüte.
// Malaysia: Auf meine Frage in einem Restaurant Mal die Toilette benutzen dürfen, kriege ich als Antwort: Nein, es hätten schon zu viele Tourist*innen nebens Klo gekackt…
// Und von den Ländern und ihren Menschen und Gepflogenheiten Mal abgesehen, kriegen wir zwei uns auch einfach so zuverlässig in die Haare, z.B:
Mu will in neuen Situationen tendenziell erstmal in Ruhe beobachten und sich einen Überblick verschaffen, während ich hier und jetzt eine Entscheidung will und das Abwarten pauschal unsouverän und unsexy finde. Presche stattdessen ohne Strategie auf die nächstbeste Option los. Wir spielen dieses Spiel regelmäßig und merken immer wieder: jeder Ansatz für sich genommen, funktioniert eher nicht. Plakativ gesagt: Mu kommt zu keinem Ergebnis und ich hab in der Zwischenzeit zuviel Geld für Dinge ausgegeben, die wir gar nicht wollten.
Auch gut: Sich einfach Mal so richtig anöden und nix zu sagen zu haben.
Oder auch sehr beliebt: Konträre Bedürfnisse: Einer hat Lust auf die Kacke zu hauen, Leute kennenzulernen, was zu unternehmen, einen zu heben und beim Geld en Auge zu zudrücken. Der andere will's lieber Mal schön ruhig, langsam und gern auch Low Budget.
Anbei noch ein paar wirklich ungelungene Fotos.