Unser nächster Stop wird in ein paar Tagen Singapur sein und wir dachten uns, wie viele andere sicher auch: Teuer da, lass Mal lieber Couchsurfing probieren.
Couchsurfing heißt, dass wildfremde Leute auf der ganzen Welt ihre Türen öffnen und kostenlos Schlafplätze und Gastfreundschaft für Reisende anbieten. Online kann jede*r sich ein Profil anlegen, um selbst einen Schlafplatz zu suchen oder anzubieten. So auch wir. Aber ehrlich, während andere Reisende hart drauf schwören, haben wir so unsere Probleme mit Couchsurfing. Und offen gestanden, Couchsurfing anscheinend auch mit uns.
Ich hab die letzten Tage Dutzende Profile durchgeschaut und Menschen in Singapur angeschrieben, in der Hoffnung auf einen günstigen Schlafplatz und Austausch mit Locals. Es ist nicht so, dass wir uns kein Hostel oder so leisten könnten aber die Preise sind horrend hoch, gerade nach Monaten in Südostasien. Und wenn wir keine 40 EUR pro Nacht für zwei Betten im 12er-Schlafsaal ausgeben müssen, gute Sache, dachten wir. Nun ja, Fakt ist aber auch, bis jetzt hat uns kaum jemand geantwortet, geschweige denn zugesagt. Und: Auf der Onlineplattform von Couchsurfing sind ein Haufen Leute unterwegs, die schlicht Sex suchen, die auf diese Weise ihre Homosexualität ausleben wollen (denn in Singapur ist Homosexualität illegal, Oral- und Analverkehr erst seit 2009 legalisiert), oder die mit Menschen aus aller Welt ihren Nudismus feiern wollen. Also doch nicht nur Schlafplätze und Gastfreundschaft. Dazu kommt eine große Gruppe an Leuten, die uns ihre streng konservativen Ansichten überstülpen wollen. Ich schätze mich ehrlich gesagt ziemlich tolerant, respektvoll und flexibel ein, wenn es um kulturelle Unterschiede geht. Ich gehe voll bekleidet baden, wenn alles andere als unanständig gilt. Ich reduziere meinen Körperkontakt zu Mu in der Öffentlichkeit auf Gelegentliches Händchenhalten, weil Schilder allerorts "Indecent behavior" verbieten. Ich ziehe meine Schuhe aus, auch in öffentlichen Toiletten, wenn es so gewünscht ist. Aber meine Toleranz hat eine klare Grenze: Wenn ich die Tür hinter mir zumache, dann will ich in meinen vier Wänden machen können, was ich will, solange ich niemandem schade. Es gibt aber sowohl bei Couchsurfing als auch bei Freiwilligenarbeit zahlreiche Menschen, die nur verheiratete Paare aufnehmen. Da wird mir auf einen Schlag klar, wie meilenweit meine Ansichten von der gesellschaftlichen Etikette hier abweichen. Bin ich automatisch ein besserer Mensch, wenn Staat oder Gott offiziell die Beziehung zu meinem Partner abgesegnet haben? Sagt der Stempel "verheiratet" irgendwas über meine Qualität als Mensch aus? Ich will nicht einsehen, dass es moralisch daneben sei, unverheiratet zu sein. Nun ja, ihr seht schon, es regt mich auf. Damit fällt eine weitere Gruppe an Menschen weg, bei denen wir übernachten könnten.
Ja und dann sind da noch die absoluten Vollpfosten und Karteileichen, die Playboy-Cover als ihr Profilbild hochladen, tausend Bedingungen stellen oder aber wirklich gern Leute aufnehmen - nur nicht von Montag bis Sonntag.
Joar, meine Quintessenz aus der Recherche der letzten Tage: So ein 12er Schlafsaal hat auch seine Vorteile und die Großartigkeit von Couchsurfing ist überbewertet.