Die letzten Tage waren weltweit verrückt. Das könnt ihr sicher alle bestätigen. Corona hält gerade den Globus in Atem und wir sind auch irgendwo dazwischen. Nämlich seit 5 Tagen in Staatsquarantäne in Spanien. Genauer gesagt Galizien. Haargenau haben wir die weltweiten Nachrichten zu Corona verfolgt. Eng mit Familie und Freund*innen Kontakt gehalten. Statistiken beobachtet und uns versucht mit Corona-Witzen, -Gifs und -tweets bei Laune zu halten. Stufenweise haben wir unsere Pläne zurückgeschraubt und unsere Bewegungsmöglichkeiten dahinschwinden sehen.
Seit Sonntag ist es in Spanien nur noch erlaubt das Haus zum Einkaufen, Gassigehen und bei Notfällen zu verlassen. Wir sind in einem Hostel untergekommen, in dem wir die einzigen Gäste sind. Wir haben Glück, denn es gibt auch eine Küche und wir dürfen solange bleiben wie wir wollen. Leider ist der Supermarkt direkt um die Ecke, so dass unser legaler Bewegungsradius ziemlich klein ausfällt. Und dorthin dürfen wir auch nur einzeln. Gestern wurde in Santiago de Compostela der erste Jogger von der Polizei aufgegriffen, weil er sich nicht an die Ausgangssperre gehalten hat. Zwischen 300 und 30.000 Eur kann sowas kosten. Wir haben schon überlegt nen Hund zu klauen, dann dürften wir weiter als bis zum Supermarkt.
Erst dachten wir noch, naja, machen wir halt die 15 Tage Staatsquarantäne mit und radeln dann weiter. Inzwischen wissen wir, dass das sehr naiv war. Die Zahl der Infizierten und Toten nicht nur in Spanien steigt weiter und zwar rasant und wird es wohl in den kommenden Wochen noch weiter tun. Mehrere Staaten haben ihre Grenzen geschlossen. Der Bahn-, Bus- und Flugverkehr ist extrem eingeschränkt und dann rief auch noch Heiko Maas die Deutschen im Ausland zur Heimkehr auf. Wir haben uns vorgestellt, wie er mit halbaufgeknöpftem Hemd wie ein Superheld mit seinem Helikopter vorbeigeflogen kommt und uns im Vorbeifliegen einsammelt. Naja. Iwie ist er noch nicht aufgekreuzt. In der Zwischenzeit haben wir selbst einen Heimflug gebucht. Bekommen haben wir zunächst 2 Flugtickets aber nur einen Sitz. Später kam die Absage. Wer hätte gedacht, dass die Heimkehr unsere größte Herausforderung auf der Reise wird? Auf den Websites der Airlines wird noch einiges angeboten aber viele Flüge sind längst gestrichen oder fliegen über Infektionsherde wie Madrid oder irre Umwege, wie z.B. Moskau oder Budapest für irre Preise. Und dann ist da noch die Frage: wie kommen wir überhaupt zum Flughafen? Mit dem Fahrrad bräuchten wir 3-4 Stunden. Wenn der Flug vormittags geht, müssten wir nachts losstrampeln. Der öffentliche Bus fährt nur einmal mittags und abends, damit sind alle Vormittagsflüge ebenfalls unerreichbar bzw. erfordern ne Nacht aufm Flughafen. Dann gibt's da noch Taxis. Da bräuchten wir zwei Großraumtaxis, da wir noch Fahrräder haben und die aktuellen Bestimmungen nur einen Gast pro Fahrt zulassen. Alles, was bisher so leicht ging, wird plötzlich kompliziert. Und selbst wenn wir mit einem der Flüge mitkommen, bleibt immer noch die Frage wohin dann in Deutschland? Dorthin, wo wir ein Risiko für Großeltern, Eltern und ältere oder immungeschwächte Verwandte und Freunde*innen sind? Dorthin, wo Freund*innen gerade ihre Gästezimmer als Home-Office brauchen oder wir Leute anstecken könnten, die als Eltern, Pfleger*innen von Angehörigen, in Krankenhäusern, in Pfegeineinrichtungen oder bei der Polizei gebraucht werden?
Und dann könnten wir unser Arbeitslosengeld langsam doch Mal ganz gut gebrauchen. Aber dafür bräuchten wir unsere Unterlagen. Die sind bei meinem Vater und der gehört streng genommen zur Risikogruppe. Ja. Corona lässt jeden Aspekt, jede Entscheidung gerad in einem völlig anderen Licht erscheinen. Es hat sicher auch sein Gutes. So engen virtuellen Kontakt zu Freund*innen und Familie hatte ich schon lange nicht mehr. Soviel gelesen habe ich auch schon lange nicht und soviel Zeit, um übers letzte Jahr nachzudenken und was das für die Zukunft bedeuten könnte, ebenfalls nicht. Ich bin gespannt, was die nächsten Tage und Wochen und Monate bringen. Nicht nur für uns, Familie und Freund*innen, sondern auch für sämtliche Staaten, ihre Wirtschaft, ihre Gesundheitssysteme, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden.
Grüße aus dem spanischen Off, evtl. kommen wir morgen schon heim, aber das glaube ich erst, wenn wir im Flieger sitzen. Tickets haben wir schon Mal. Diesmal auch für zwei Sitze.
Passt alle auf euch auf!