Tim und ich entscheiden uns, die Tickets doch erst vor Ort zu besorgen. Eine Kapazität von 70.000 Sitzplätzen im Olympia-Stadion lässt hoffen, dass es doch noch einige Tickets an der Kasse geben sollte. Die Geschwindigkeit, mit der der Schwarzmarkthändler mit den Preisen runtergeht, scheint unsere Ahnung zu bestätigen. Wir entscheiden uns dann aber doch für die normal gekauften Plätze im Unterrang für 50 UAH das Stück, etwa 1,70€.
Im Stadion angekommen, bemerken wir, dass der Händler anscheinend so einige Tickets nicht loswerden konnte. Später erfahren wir vom engagierten Stadionsprecher, dass sich 14.671 Zuschauer im recht ansehnlichen Rund verteilen. Und das, obwohl mit Olexandria der momentan Dritte der Liga beim Ligazweiten Dynamo zu Gast ist.
Wer nicht im Rund verteilt ist, sind die Ultras: Konzentriert in einem Block, mit schicken Banner in lateinischer Schrift, versuchen sie ziemlich durchgehend und erfolgreich sich bemerkbar zu machen. Die andere Sorte Fans befindet sich eine Reihe hinter uns. Die drei Damen nebst Kindern sind bester Laune, Ukraine-Trikot, Dynamo-Flagge und Olexandria-Schal scheinen gerecht verteilt zu sein. Ebenso gerecht verteilt wird die in Tüten mitgebrachte Verpflegung: Reichlich Chipstüten und Dosenbier. Gerechterweise muss gesagt werden, dass das Schild am Security Gate auch explizit nur Sonnenblumenkerne verboten hat. Die aber auch im Stadion verkauft werden.
Vor Spielanpfiff, nach der Teamaufstellung, erhebt sich das Stadion nochmal kurz von den Plätzen: die Nationalhymne wird gespielt. Mit der Hand auf der Brust stehen auch die Ordner vor unserem Block, manche bewegen die Lippen zum Text. Im Ultrablock wird neben zwei Ukraine-Flaggen auch eine rot-schwarze Flagge geschwenkt. Die Farbe der nationalistischen Bewegung ist seit den Maidan-Protesten immer mal wieder anzutreffen. Der zwielichtige Ruf von Kriegsverbrechen und Zusammenarbeit mit den Nazis im 2. Weltkrieg scheint manche nicht abzuschrecken.
Spielerisch bietet sich nicht allzuviel Ansehliches. Der erste Torschussversuch der Gäste wird noch ein Luftloch, als die zweite Kombination einige Minuten später aber im Ende doch im Tor landet, freut sich zumindest ein Teil der Gruppe hinter uns. Es raschelt verdächtig nach Chipstüten, wir kriegen auch schon wieder Hunger.
Den Ausgleich der Heimmannschaft in der zweiten Hälfte der Spielzeit verpasse ich pflichtbewusst beim Bierholen. Dumm nur, dass in der zweiten Hälfte kein Bier mehr ausgeschenkt wird. Doppelt verpasst.
Am Ende bleibt es beim 1:1, allerseits gibt es noch Selfies, die Menge muss nicht lange anstehen um das Stadion zu verlassen.