An einem brüllend heißen Tag steigen wir in den Minibus, der uns von Olkhon zurück nach Irkutsk bringt. Die 6 Stunden Fahrt sind eine Mischung aus Ganzkörpermassage, Sauna, Durst und Kopfschmerzen durch atemberaubend schöne weite Landschaft. Die Straßen sind schlecht. Unser Fahrer hätte vermutlich lieber Formel-1-Pilot oder Rallye-Fahrer werden wollen. Denn wir fliegen in einem Affenzahn über die löchrige Sand- und Asphaltpiste. Hüpfen, wackeln und vibrieren in unseren Sitzen. Ich wage kaum etwas zu trinken, aus Sorge mir bei dem ganzen Gespringe und Geratter mit der Flasche die Zähne auszuschlagen.
Am späten Nachmittag kommen wir zerschlagen im 30 Grad heißen Irkutsk an und werden von Igor abgeholt, unserem nächsten Couchsurfing-Host. Igor ist ca. 60 Jahre alt, orthodoxer Christ, early- und late Father mit einer 40 und einer 11 jährigen Tochter, der sich vor kurzem einen Lebenstraum erfüllt hat und 3 Monate durch Chile gereist ist. In einem Kauderwelsch aus Russisch, Spanisch und Englisch zeigt er uns die Stadt und versorgt uns liebenswürdigst mit Essen, Dusche und Bett. Da wir auf Olkhon kaum fließend Wasser und kaum frisches Obst oder Gemüse hatten, kommt uns beides in Igors Zuhause wie ein Riesensegen vor.
Am nächsten Tag geht es weiter mit der Transsib von Irkustsk im Südwesten des Baikalsees nach Ulaan-Ude im Südosten des Sees. Es ist die einzige Tagfahrt, die wir mit der Transsib machen. Es soll der schönste Streckenabschnitt sein und den wollen wir uns genauer anschauen. Und tatsächlich ist die Strecke immer entlang der Ufer des Baikalsees ziemlich schön. Ewige Weite, Sümpfe und Birkenwälder der letzten Wochen sind ausgetauscht gegen schneebedeckte Berge auf der einen Seite und den See auf der anderen Seite, der uns in seinen gigantischen Ausmaßen eher wie ein Meer vorkommt.
Nach kurzem Stop in Ulaan-Ude steigen wir gemeinsam mit Frauke und Tim - einem deutschen Pärchen, sowie mit Emma und Marcus - einem dänischen Pärchen, mit denen wir schon auf Olkhon unterwegs waren die Transmongolische Eisenbahn gen Ulaanbaatar. Der Zug ist kurz und ziemlich leer. Anscheinend fährt auch kein einziger Russe oder Mongole mit, sondern ausschließlich europäische Traveller. Erklärt das vllt auch die relativ hohen Ticketpreise? Im Zug lernen wir noch Dennis kennen, einen weiteren Deutschen. Unsere kleine Reisegruppe richtets sich gemütlich im Abteil ein. Es gibt Instantsuppen, Schokolade und heimlich Wodka. Es wird Ukulele gespielt und gesungen, erzählt und gelesen. Immer wieder mal starren wir neugierig nach draußen, um ein paar erste Eindrücke von dem Land zu kriegen, in dass es uns als nächstes verschlägt: Die Mongolei. Einer meiner Sehnsuchtsorte als Teenager. Verrückt und schön, jetzt wirklich hierherzukommen.
Nach einer harmlosen Grenzkontrolle und kurzer Nacht kommen wir um 7 Uhr morgens in Ulaanbaatar an und werden beim Aussteigen direkt von einer Wolke Taxifahrer und Tourguides umschwärmt. Und auch, wenn wir momentan kein Interesse an einem Taxi oder einer Tour durch die Mongolei haben, sondern einfach nur ein Bett und einen Ort wollen, wo wir unsere Rucksäcke abstellen können, fallen uns sofort die freundlichen Gesichter auf. Meine Fresse, in Ulaanbaatar wird gelächelt! Einfach so!! Nachdem wir Russland sehr oft als Mimikwüste empfunden haben, in der die wenigsten Englisch sprechen und man am besten mürrisch unter sich bleibt, freuen wir uns jetzt nen Ast über die sofortige Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Englischkenntnisse der Mongol*innen hier in Ulaanbaatar.